Personalisierte Medizin im Trend.

MDG-Chef Wilhelm Zörgiebel zeigt der sächsischen Gesundheitsministerin Barbara Klepsch die Labore der Biotype Diagnostic in Dresden-Hellerau. Foto: Heiko Weckbrodt.

Personalisierte Medizin hat großes Wachstumspotenzial. Davon ist Wilhelm Zörgiebel überzeugt, der von Dresden-Hellerau aus die Biotechnologie-Firmengruppe „Molecular Diagnostics Group“ (MDG) leitet. „Darin liegt die Zukunft“, betont er: Setze man moderne Genetik- und Radiopharma-Diagnostik sowie die massenhafte Analyse von Therapie-Daten richtig ein, könne dies die Chancen deutlich verbessern, für jeden Kranken genau die richtigen Medikamente zu finden. Dies könne die Heilungs-Chancen der Patienten verbessern – und auch erhebliche gesellschaftliche Kosten für das Gesundheitssystem sparen.

Kombiniere Sachsen das gewachsene Know-how der privaten Biotech-Wirtschaft mit der Expertise der Unis, des Uniklinikums Dresden und weiterer Institute, könne die informatik-gestützte „Medizin 4.0“ beziehungsweise die personalisierte Medizin zu einem neuen Wachstumsmotor werden, meint Zörgiebel. Diese Entwicklung sieht auch die sächsische Gesundheitsministerin Barbara Klepsch (CDU) mit Interesse: „Die hiesige Gesundheitswirtschaft und deren Digitalisierung haben großen Stellenwert für uns“, betonte sie bei einem Besuch im MDG-Hauptsitz in der „Schraubzwinge“ in Hellerau.

Kräftiges Wachstum für Molekular- und Radiopharma-Diagnostik erwartet
Zörgiebel stützt sich für seine Prognosen auch auf die Wachstumstrends in der MDG, zu der Unternehmen aus Bioinformatik und molekularer Diagnostik gehören. Realisierte diese Gruppe vor drei Jahren erst 15 Millionen Euro Umsatz, kam sie 2016 auf 20 Millionen. „Und ich denke, dass wir in fünf Jahren bei 50 Millionen Euro stehen werden.“

Die Gruppe MDG im Überblick

Biotype Diagnostic

Zur MDG gehören derzeit vier Firmen: Die Biotype Diagnostic GmbH (gegründet 1999, derzeit 48 Mitarbeiter und 4,5 Millionen Euro Umsatz) gehörte zu den Pionieren für „genetische Fingerabdrücke“ in der Kriminalistik, ist aber inzwischen mehr auf Hautpilz-, Alzheimer- und Krebs-Tests auf genetischer Basis spezialisiert.

Biotype Innovation

2015 gründete die Biotype mit dem deutsch-niederländischen Gendiagnostik-Konzern Qiagen die Biotype Innovation GmbH. Dieses noch kleine Unternehmen entwickelt in Dresden Testverfahren und Spezialreagenzien für die Molekulardiagnostik und vermarktet sie. Spezialisiert ist sie unter anderem auf neuartige Testverfahren, die mehrere Erbgut-Merkmale wie DNA und RNA gleichzeitig analysieren können.

qualitype

2001 kam die qualitype GmbH hinzu. Das 30-köpfige Team ist auf digitale Labor- und Produktionsprozesse in der Biotechnologie und Lebensmittel-Industrie fokussiert. Die Systeme aus Dresden überwachen beispielsweise den Antibiotika-Einsatz in großen Teilen der deutschen Schweinefleisch-Produktion. „Wir analysieren hier die Daten von etwa 30 Millionen Schweinen“, sagte Zörgiebel. „Das ist wirklich ,Big data’“.

Rotop Pharmaka

2014 übernahm die Gruppe die Rotop Pharmaka GmbH (gegründet im Jahr 2000, heute 65 Mitarbeiter, zwölf Millionen Euro Umsatz). Die sitzt als einzige Firma nicht neben den Deutschen Werkstätten Hellerau, sondern auf dem Gelände des Helmholtz-Zentrums Dresden-Rossendorf. Sie ist spezialisiert auf schwach radioaktive Stoffe, die Mediziner benötigen, um zum Beispiel Krebs und andere Wucherungen im menschlichen Körper sichtbar zu machen. Seit der Übernahme vor drei Jahren seien die Rotop-Umsätze um 50 Prozent gestiegen, was die große Nachfrage für radiopharmazeutische Diagnostik belege, betonte Wilhelm Zörgiebel. „Unser nächstes Ziel für die Rotop wird der US-Markt sein“, kündigte er an. Sollten die Wachstumspläne erfolgreich sein, plane das Unternehmen ab 2022 weitere Ausbauten auf dem HZDR-Gelände.

Bessere Behandlungserfolge und Millionenersparnisse denkbar
Das starke Wachstum der Dresdner MDG-Firmen sei kein Zufall, argumentierte „Biotype Innovation“-Chef Karim Tabiti: In der Krebstherapie, aber auch in vielen anderen Medizinsektoren gebe es inzwischen Präparate, die jählich fünf- bis sechsstellige Kosten pro Patient verursachen – andererseits aber oft genug gar nicht zielgenau eingesetzt werden könnten, weil den Ärzten viele Informationen fehlen.

Durch molekulare und andere moderne Diagnostik und „Big Data“-Analysen von Therapieerfolgen könnten Mediziner in Zukunft womöglich viel besser entscheiden, welches Medikament welchem Patient wirklich hilft. „Die Identifikation personalisierter Medikamente ist einerseits für den Patienten sehr wichtig, könnte aber auch Pharma-Unternehmen bei der Entwicklung neuer Medikamente helfen“, meint Tabiti. „Und nicht zuletzt haben auch die Krankenkassen ein Interesse daran, teure Medikamente wirklich sinnvoll einzusetzen.“

Hintergrund zu Biotech in Sachsen:

In Sachsen gab es bei der bisher letzten Erhebung im Jahr 2014 rund 300 Biotech-Firmen, die sich vor allem in den Großräumen Leipzig und Dresden konzentrieren. Die Wirtschaftsförderung Sachsen bereitet derzeit eine neue Branchen-Erhebung vor. Die Ergebnisse liegen aber noch nicht vor.

Weckbrodt, H. (2017, Februar 6). Personalisierte Medizin im Trend.  Medizin & Biotech, News, ZAUFI. Online in Internet:
URL: http://oiger.de/2017/02/06/personalisierte-medizin-im-trend/162621 (Stand 07.02.2017)